...habe ich manchmal keinen Bock mehr auf Hochschulpolitik.
Wie kommt es zu dieser Aussage?
Nun, blicken wir zurück *zoooooooooom* - es ist Montagmorgen, der 12.12.2005.
Ich sitze beim Arzt und sitze und sitze und sitze... und als ich endlich dran bin, sollte ich eigentlich schon in der Uni stehen und unseren LHG-Stand aufbauen. Heute wollen wir noch mal Wahlkampf machen, unsere Flyer unters Volk bringen, unsere Positionen darlegen und die Leute dazu auffordern, wählen zu gehen. Das ganze unterstützt von leckerem, mit Liebe und Herzblut selbstgebackenen
Kuchen.
So kam ich schon mal leicht gestreßt in der Uni an. Leider konnte man auch nicht ohne mich anfangen, da ich sowohl die Kuchen (ja, alle!) als auch den Schlüssel für unseren Spind hatte. Im Spind lagen Flyer, Servietten und sonstiges Infomaterial. Der Kuchen war natürlich auch noch nicht geschnitten und ich stand (also vielmehr parkte) schwer im Halteverbot.
Wir lernen daraus: man sollte nicht unersetzlich sein...
Nun, der Stand war doch noch recht flugs aufgebaut, der Kuchen geschnitten, ein nettes Lächeln dabei, auch wenn ich einen unserer (immerhin!) Kandidaten immer mal wieder motivieren mußte, doch bitte mal die Flyer unters Volk zu bringen. Was sollen wir ab morgen noch mit dem Zeug? Leider litten wir heute doch sehr unter der dünnen Personaldecke.
Dann kam Nadja noch mit einer Hiobsbotschaft um die Ecke: heute abend sei doch diese Podiumsdiskussion zu den Hochschulwahlen (in dem Moment dachte ich: Podiumsdiskussion??? Häh???), und ich sei die einzige, die daran teilnehmen könne. Ob das programmatisch fest im Sattel oder zeitlich gemeint war, konnte ich nicht mehr festellen, da hatte ich schon die ausgedruckte Mail in der Hand und den Auftrag, mich so tapfer wie möglich zu schlagen und im übrigen boshafte Kommentare einzustreuen. Nun, in der Eile ist mir auch keine plausible Ausrede eingefallen (außer, daß ich diese Veranstaltung für sinn- und zweckfrei halte, da eigentlich nur Leute [1] hingehen, die bereits hochschulpolitisch engagiert sind und sich auch im Vorfeld entsprechend informieren. Zudem ist meist der komplette Sprecherrat anwesend, eine eher linke der linken Gruppierungen, wenn mein Eindruck nicht täuscht.), nicht teilzunehmen. Zudem hat die LHG derbe Schelte eingesteckt, weil wir im letztjährigen Hochschulwahlkampf (der wenigstens einer war) wegen noch dünnerer Personaldecke nicht an der tollen Podiumsdiskussion teilnehmen konnten. Nun, beugen wir uns den Sachzwängen.
Während wir so Flyer und Infos und Kuchen verteilten, ich meinem Kandidaten des Tages gerne im Gehen die Hose zugenäht hätte (möglich gewesen wär's) und wir so vor uns hinbibberten (in der Feki-Halle ist es verdammt zugig und schweinekalt) - das Glühweinangebot der LEO-Gruppe mußte ich leider mangels Grundlage (und ich mußte ja auch noch fahren) ausschlagen - verging die Zeit, irgendwann war der Kuchen alle, wir konnten abbauen und ich noch schnell in die Mensa, bevor die dann auch schon wieder schloß.
Danach hatte ich noch ein Stündchen bis zur Vorlesung zu überbrücken, also ab in die Bib, widmen wir uns dem spannenden Thema der Kapitalkonsolidierung, *schnarch*. Die erste halbe Stunde hab ich nur draufgestarrt (es starrte zurück), in der zweiten halben Stunde hab ich glatt was geschafft. Immerhin konnte ich als Erfolgsbelohnung (???) danach an einer recht unterhaltsamen - aber leider dennoch 3stündigen - Vorlesung teilnehmen. Ja, auch wenn ihr es immer noch nicht glaubt, manchmal hat Steuerrecht einen gewissen Unterhaltungswert (vor allem, wenn die Alternative wäre, weiter Wirtschaftsprüfung zu lernen).
Es gab die Scheinklausur zurück und ich konnte festellen, daß meine Vorbereitung (leicht vom Sekt angetütert eine Stunde lang in den Aufzeichnungen blättern und dann drauflosschreiben, um letztendlich zu einem anderen Ergebnis zu kommen...) doch mehr als ausreichend war, denn ich habe doch noch ganz gut bestanden. Erstaunlich. Was muß man eigentlich noch machen, um durchzufallen? Nur seinen Namen hinschreiben? Nicht mal das? Ich weiß es nicht. Sachdienliche Hinweise werden gerne entgegen genommen.
Highlights der Veranstaltung:
1. "Entführt wird man privat." (Es ging um die Abgrenzung von privater und betrieblicher Veranlassung)
2. zu meiner "Lieblings"kommilitonin: "Aber lesen können Sie noch?"
Um sieben endlich raus aus der Uni, auf dem Weg wurde ich noch angesprochen und nach einem Kuchenrezept gefragt (Tante Evas schneller Butterkuchen ging heute sehr gut), und auf dem Heimweg fährt mich so'n Depp fast noch über den Haufen. Holländer! [2]
Zu Hause immerhin noch eine Dreiviertelstunde Zeit für einen Tee, Unmutsäußerungen gegenüber dem Mitbewohner bezüglich der Podiumsdiskussionslage und einem Telefonat, bevor ich wieder gen Innenstadt geradelt bin (mit dem Rad ist man einfach am schnellsten hier in BA unterwegs. Nur die Transportmöglichkeiten sind doch arg eingeschränkt), um an der Veranstaltung des Tages (des Todes?) teilzunehmen. Hurra. Wir freuen uns. Juchhe. Begeisterung. (Jetzt bitte den Gesichtsausdruck und die Lebenseinstellung von Bernd dem Brot dazudenken.)
Es war auch größtenteils ziemliches Rumgelaber, grad von einem der aktuell amtierenden Senatoren, der sich einfach nicht kurzfassen kann. Jugend schwallt. Fragt sich nur, wofür. Naja, die Vertreter der verschiedenen studentischen Hochschulgruppen waren sich in Sachen Studiengebühren, Semesterticket (war mir nicht geläufig, daß das ein Thema ist) und Mitbestimmung vorher wie nachher so (un)eins wie erwartet, es gab allerdings größeren Konsens zwischen den Vertretern der jeweiligen Standorte (Feki und Innenstadt [3]) als insgesamt (auch nicht überraschend, nicht wahr, Jürgen?). Wobei mir eigentlich grad auffällt, daß ich alle, die ich nicht kannte, der Innenstadt zugeordnet habe - Grüne, LAF und Jusos. Aber nun.
Es gab eigentlich auch keine richtige Diskussion, wie ich fand, sondern erst eine viel zu langatmige Darstellung der einzelnen Positionen der Hochschulgruppen (Jugend schwallt) zu bestimmten Themen (s.o.) und dann eine kurze Fragerunde aus dem Publikum, die sich zu einer Diskussion hätte entwickeln können, wenn es nicht schon nach zehn gewesen wäre... Außerdem hab ich mir den A*** abgefroren! Andererseits wären in dieser Diskussion, die sich hätte entwickeln können, vermutlich auch wieder hauptsächlich ideologische Grabenkämpfe ausgefochten worden, dabei geht's doch grad um die Zusammenarbeit.
Immerhin habe ich ein positives Feedback von Alex (kandidiert auch für die LHG) Mitbewohnerin (die nicht) bekommen: sie fände diese Podiumsdiskussion wichtig und freue sich, daß ich auch kurzfristig eingesprungen sei (nun, wenn es der Verbesserung des Weltbildes dient...), vor allem, da sie wisse, wie gerne Alex an dieser Runde teilgenommen hätte. An dieser Stelle, lieber Alex, falls Du mitliest: das nächste Mal darfst Du liebend gerne diesen Part übernehmen und an meiner Stelle dort sitzen, ich fliege im Gegenzug auch gerne für Dich nach Riad. Da war ich eh noch nie.
Letzten Endes gab es aber keine Toten, die Veranstalter (SpRat?) waren sich gewiß, einen schönen Abend organisiert zu haben und ich habe - trotz gegenteiliger Auffassung - immerhin ein bloggable event. Alle glücklich?
Nichtsdestotrotz fand ich es leider überflüssig, Leute zu informieren (ich sehe sowas als Informationsveranstaltung, vielleicht ist das ja auch der entscheidende Punkt), die eh schon informiert sind und ihre Positionen bezogen haben.
Außerdem war ich dadurch leider auch erst um 23h zu Hause, dabei wollte ich heute mal früh schlafen gehen. Harhar. Außerdem wär's dann wärmer gewesen.
So genervt von einer Veranstaltung kommen sollte eigentlich nicht sein. Vor allem, wenn man sich nur deswegen fragt, warum man sich überhaupt engagiert. Und dann auch noch politisch.
N8.
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[1] Es soll auch Leute geben, die wegen des Unterhaltungswertes hingehen. Seltsamer Humor. Ich hoffe, man erklärt er mir dermaleinst.
[2] Nicht dem Kennzeichen, nur dem Fahrstil nach zu urteilen.
[3] Für alle, die das nicht nachvollziehen können: an der Feki sind die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie die Wirtschaftsinformatiker angesiedelt, in der Innenstadt residieren Geisteswissenschaftler aller Fachrichtungen, Pädagogen, Theologen... Da gibt es schon mal monumentale Unterschiede.