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bees Wohnzimmer

Dienstag, Januar 13, 2015

ET-15: Alles öko, oder was? Die Sache mit der Hausgeburt (Frage 3)

3. Frage: Deshalb wollte ich zu Hause gebären

Schön, daß hier nach "gebären" gefragt wird und nicht nach "entbinden". Ich finde den Ausdruck "Entbindung/entbinden" ein bißchen doof. Das hat irgendwie was passives ("sich entbinden lassen" noch viel mehr). Ich denke da an platsch!-auf-dem-Rücken-liegen und das Kind gegen die Schwerkraft pressen und auf der anderen Seite zieht womöglich noch jemand und von oben wirft sich noch einer auf den Fundus (kristellern nennt man das, was ich unglaublich übergriffig finde). Ja, möglicherweise übertrieben, aber das ist das Bild, was der Ausdruck in mir hervorruft.

Zu Hause kann ich gebären. Das klingt für mich aktiver, da kann ich selbst mehr zu beitragen. Denn wer muß denn letzten Endes das Kind zur Welt bringen? Ja wohl niemand anderes als ich selbst. Na also.

Um die obige Frage zu beantworten, muß ich eigentlich erklären, wie ich in der ersten Schwangerschaft überhaupt auf die Idee kam, nicht ins Krankenhaus zu gehen, um das Kind zur Welt zu bringen. Denn eigentlich war das zu dem Zeitpunkt gar keine Frage. Schließlich gehen alle ins Krankenhaus, um ihr Kind zu kriegen, oder? Daß es auch außerklinisch geht, war mir nicht so wirklich bewußt. Also ich wußte schon, daß das geht, aber es schien keine für mich in Frage kommende Sache zu sein. (Harhar!)

Eigentlich war ich auf der Suche nach einer Hebamme, die mich nach der Geburt im Wochenbett betreut (Nachsorge heißt das). Ich hatte also schon im dritten Monat der Schwangerschaft ein bißchen rumgegoogelt und versucht, eine Nachsorgehebamme zu finden. Dabei bin ich auch auf die Webseite einer Hebammenpraxis gestoßen. Die boten auch Infoabende an. Zwar zum Thema Hausgeburt und Praxisgeburt (also Geburt in der Hebammenpraxis, wie eine Geburtshausgeburt), aber ich habe gedacht, daß das zum Kennenlernen ja auch erst mal egal ist. Also bin ich einfach zum nächsten Infoabend mal hingestiefelt. Und irgendwie war das nett da. Es war ein kleiner Rahmen, gemütliche Räume, nette Hebammen und was die so erzählt haben, klang auch alles recht harmonisch. Sehr übersichtlich alles. So bin ich überhaupt erst mal auf die Idee gekommen, mein Kind auch außerhalb des Krankenhauses bekommen zu können. Zu dem Zeitpunkt war das aber eher eine Möglichkeit als daß ich schon eine Entscheidung getroffen hätte.

Ich habe dann tatsächlich mit einer Hebamme aus dieser Hebammenpraxis vereinbart, daß sie mich nach der Geburt betreut (und wir uns vorher auch schon ein paar Mal zum Kennenlernen treffen, d.h. sie einen Teil der Vorsorge macht). Diese Hebamme bietet zufällig auch außerklinische Geburtshilfe an (das machen nicht alle der dortigen Hebammen, ist auch eine Frage der Haftpflichtversicherung).

Der werte Gatte und ich haben uns dann noch 2 Krankenhäuser angesehen, die hier in der Nähe sind. Aber irgendwie war mir das zu groß da und zu Krankenhaus, zu viel Linoleum und zu viele Geräte, Kabel und OP. Zu unübersichtlich für mich. (Die erste Klinik hat auch ein Perinatalzentrum und eine Kaiserschnittrate von rd. 40%, die zweite ist kleiner, hat eine geringere Kaiserschnittrate und mir insgesamt besser gefallen, obwohl älter und unmoderner.) Irgendwie war es ein wenig zu unpersönlich und ich hatte das Gefühl, da irgendwie in ein großes, laufendes System reinzugeraten und zu stören. Etwas eigenartig, zugegeben, aber in dem ersten Krankenhaus habe ich mich nicht wirklich wohlgefühlt. Und ich will doch bloß mein Kind bekommen. Ich habe mich dann eher nach ambulanter Geburt erkundigt (also Kind kriegen und sofort wieder nach Hause). Die Wöchnerinnenstation war zwar etwas gemütlicher, aber es war immer noch Krankenhaus.

In der zweiten Klinik, die wir uns angeguckt haben, war es zwar etwas weniger befremdlich als in der ersten, aber so richtig zum Wohlfühlen wars da auch nicht (für mich). Allerdings wurde einem dort eher das Gefühl vermittelt, daß man bei der Geburt Mitspracherecht hat. Das war bzw. ist dann auch die Klinik, in der ich mich für den Notfall angemeldet habe. (Übrigens sind beides Unikliniken und gehören zur selben Uni...)

Vielleicht ist das so ein subjektives Ding und ich hätte dieses Störgefühl in einem kleineren Krankenhaus nicht so sehr gehabt. Hätte, hätte, Fahrradkette. Man weiß es nicht und ich mußte es glücklicherweise auch nicht herausfinden.

In dem erwähnten Buch, aus dem ich die Fragen entnommen habe, erfolgt an dieser Stelle öfter mal ein ziemliches Krankenhaus-Bashing. Ich glaube nicht, daß es überall so schrecklich ist, bestimmt gibt es auch schöne Kreißsäle mit netten Hebammen und Ärzten, einem guten Betreuungsschlüssel und viel Privatsphäre und Selbstbestimmtheit. Oder Frauen, denen das alles total egal ist. Ich habe ja auch geschrieben, daß ich mir inzwischen immerhin vorstellen könnte, wenn schon in ein Krankenhaus, dann dorthin zu gehen, wenn es denn unumgänglich werden sollte.

Allerdings hat ein Krankenhaus eben auch die folgenden Seiten (muß nicht, kann aber sein. Und es gibt sicher auch Leute, die das alles überhaupt nicht stört/stören würde):
- Schichtwechsel während der Geburt, wenn man sich zeitlich nicht an den Dienstplan hält
- man kennt die Hebammen vorher nicht, vielleicht liegt einem die diensthabende überhaupt nicht (oder der Arzt)
- die diensthabenden kennen einen umgekehrt auch nicht und wissen nicht, wie man tickt oder was vielleicht jetzt gut zum eigenen Typ passen könnte (haben aber andererseits natürlich auch viel Erfahrung und können mit verschiedenen Leuten umgehen - weiß man aber alles vorher nicht)
- man kommt dorthin ("wie zu Besuch") und muß sich den dortigen Gegebenheiten und Abläufen anpassen statt umgekehrt
- viele Dinge werden "vorsorglich" einfach mal gemacht, ob man sie später braucht oder nicht und unabhängig davon, ob man das möchte oder nicht (provisorisch eine Braunüle in die Hand zum Beispiel oder Dauer-CTG)
- es kann sein, daß die diensthabenden Hebammen mehrere Geburten gleichzeitig betreuen und gerade dann nicht da sind, wenn man dringend eine braucht
- es ist möglich, daß man zu Dingen gedrängt wird, die nicht sein müssten (es dauert schon so lange, das muß jetzt aber schneller gehen, wollen Sie nicht lieber eine PDA / einen Wehentropf, wir müssen jetzt ein CTG schreiben, legen Sie sich mal auf den Rücken, dann können wir das besser untersuchen...) und es ist inzwischen erwiesen, daß Interventionen weitere Interventionen auslösen und die Rückenlage eine für die gebärende Frau eher ungünstige Position ist
- man kann nicht beeinflussen, wer alles gerade in den Kreißsaal reinkommt, während man eines der intensivsten und beeindruckendsten Erlebnisse seines Lebens hat/haben sollte (ich finde jedenfalls die Vorstellung, daß einem eine halbe Fußballmannschaft zwischen die voll ausgeleuchteten Beine guckt, nicht so reizvoll)
- die Geburt läuft wesentlich fremdbestimmter ab, man ist ausgelieferter
- die paar Tage, die man meistens noch im Krankenhaus bleibt (ca. 3), sind eher nicht erholsam, weil man eben nicht in vertrauter Umgebung ist und sich zumeist doch noch das Zimmer mit jemand anders teilen muß (aber das ist vermutlich auch was, was wieder hauptsächlich mir persönlich wichtig ist, andere stört das vielleicht nicht so sehr oder überhaupt nicht)
- Betriebsamkeit / Krankenhausalltag
- das Kind wird einem nach der Geburt möglicherweise nicht sofort gegeben
- Krankenhauskeime statt der eigenen Bazillenumgebung

Das alles ist theoretischer Natur, ich kenne diese Punkte nur aus Beschreibungen, weil ich es bekanntlich selbst nicht mitgemacht habe. Dem einen liegt die medizinische Sicherheit, die ein Krankenhaus vermitteln kann, und der/die kommt möglicherweise auch mit dem oben beschriebenen klar. Aber es muß ja auch nicht so sein bzw. könnte sich auch oft ein bißchen mehr an den Bedürfnissen der Frauen und weniger an denen des Krankenhauses orientieren (ja, das sagt jemand, die BWL studiert hat und durchaus Kenntnisse von Kostenrechnung hat). Vielleicht sind meine Ängste da unbegründet, aber sie sind da und ich konnte sie nicht in Einzelteile zerlegen und so loswerden, weil zu viele Fremdfaktoren, die ich selbst nicht beeinflussen kann, dabei sind.

Die außerklinische Geburt erschien mir daher als durchaus sinnvollere Variante für mich. Weniger Beeinflussung von außen, weniger ich muß mich anpassen, sondern man paßt sich an meine Geburt und meine Bedürfnisse an. Es darf dauern, so lange es eben dauert. Ich gebäre, also entscheide ich auch, was ich während der Geburt möchte (denn mal ehrlich - wie viele Kinder bekomme ich denn im Leben? Bei der geringen Anzahl kann ich dann doch auch versuchen, die Rahmenbedingungen soweit möglich nach meinen Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten.). Wenn Geburt grundsätzlich so gefährlich wäre, daß sie lückenlos medizinisch überwacht werden muß, dann wäre die Menschheit insgesamt vermutlich nicht ganz so weit gekommen...

Damit will ich nicht sagen, daß eine Geburt im Krankenhaus grundsätzlich abzulehnen ist, aber die Frage ist doch eher, warum ein sehr natürlicher und normaler Vorgang unbedingt dorthin gehören muß. Wenn es Komplikationen gibt, die Geburtsmedizin erforderlich macht: ja, selbstverständlich. Wenn aber nur Geburtshilfe vonnöten ist, dann brauche ich kein Krankenhaus. Ich gehe ja auch nicht mit einem blauen Fleck zum Arzt, sondern erst, wenn es was ernsteres ist.

Ich wollte also zu Hause (also ursprünglich im Geburtshaus, aber auf alle Fälle außerklinisch) gebären, weil es mir eine persönlichere, gemütlichere, vertrautere Umgebung versprach (eben einen kleineren Rahmen) als das große unpersönliche Krankenhaus. Ich bin eher der Typ für den übersichtlichen Rahmen. Es würden folglich nur Leute da sein, die ich kenne. Ich kann danach gleich in mein eigenes Bett (das wird immer unterschätzt). Diese Variante schien mir weniger fremd, wenn ich mich schon insgesamt einer mir völlig neuen Situation (= ein Kind zur Welt bringen) stellen muß.

Alle Fragen der Reihe.

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2 Comments:

  • Sehr interessant dein Blogeintrag! Könnte mir das auch total gut vorstellen, allerdings macht das mit insulinpflichtigem Gestationsdiabetes wohl eher keiner und mein Mann ist da total dagegen. Aber zum Glück hatte ich beim zweiten Kind nun eine traumhafte Klinikgeburt, ohne jegliche Intervention.
    Alles Gute für die letzten Meter!

    By Blogger blumenpost, at 13. Januar 2015 um 21:19  

  • Ja, das ist schade, aber Diabetes ist wohl tatsächlich ein Ausschlußgrund (und wenn der Mann nicht mitspielt, ist das wohl auch recht schwierig). Ich habe mich aber sehr über Deinen positiven Krankenhausgeburtsbericht gefreut, denn das beweist ja auch, daß es eben nicht nur schlimm sein muß.

    By Blogger Sabine, at 14. Januar 2015 um 09:39  

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